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Auszug - Antrag der Fraktion Die LINKE: Rehabilitierung von Frau Dr. Herbst  

 
 
11. Öffentliche Sitzung des Kreistages
TOP: Ö 4
Gremium: Kreistag des Kreises Segeberg Beschlussart: zurückgezogen
Datum: Do, 06.11.2014 Status: öffentlich
Zeit: 18:00 - 20:45 Anlass: Sitzung
Raum: Kreistagssitzungssaal
Ort: Hamburger Straße 30, Bad Segeberg
DrS/2014/130 Antrag der Fraktion Die LINKE: Rehabilitierung von Frau Dr. Herbst
   
 
Status:öffentlichVorlage-Art:Drucksache
Verfasser/in:Fraktion Die LINKE
Federführend:Gremien, Kommunikation, Controlling Bearbeiter/-in: Harder, Frederike
 
Wortprotokoll
Beschluss
Abstimmungsergebnis

Eingangs bedankt sich Herr Kittler bei allen Abgeordneten für die Mitarbeit und betont, dass der Antrag der Fraktion Die Linke bestehen bleibe. Es müsse bewertet werden, welcher Aussage die größere Bedeutung beigemessen werden müsse.

Herr Kittler stellt den Sachverhalt aus seiner Sicht dar und erklärt, dass es schwer nachzuvollziehen sei, dass es eine schriftliche Vollmacht des damaligen Landrates gegeben haben soll, welche auch an die Mitarbeiter weitergeleitet wurde. Des Weiteren sei Frau Dr. Herbst von der Lebendbeschau an das Band versetzt worden. Telefongespräche seien nicht zu Stande gekommen und Briefe unbeantwortet geblieben. Das Ziel u.a. des Kreises sei es gewesen, einen amtlichen Nachweis von BSE zu vermeiden. Auch das Landesarbeitsgericht habe Kritik an dem vorherigen Urteil geäußert. Frau Dr. Herbst sei daher zu rehabilitieren und ein angemessener Kompromiss auch mit Hilfe einer Meditation zu finden. Das Land müsse ebenfalls in die Pflicht genommen werden. Die Kündigung dürfe nicht der einzige Bewertungsgrund sein.

 

Anschließens stellt der Kreispräsident dar, dass insgesamt drei Anträge vorliegen würden. Zunächst der Antrag laut Vorlage von der Fraktion Die Linke, des Weiteren der zuvor verteilte und anhängende Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sowie der des Kreispräsidenten aus der Hauptausschusssitzung.

 

Der Vorsitzende des Hauptausschusses, Herr Wulf, erklärt, dass es gesellschaftlich zwar Spielraum für Spekulationen gebe, die arbeitsrechtlichen Entscheidungen aber keine weiteren Diskussionen zulassen würden. Frau Dr. Herbst habe es nicht geschafft ihre Pflichten aus der Vollmacht gegenüber ihren Vorgesetzten durchzusetzen und sei der Aufgabe nicht gewachsen gewesen. In seinen Augen sei Frau Dr. Herbst keine Whistleblowerin, da Zivilcourage zwar wichtig sei, aber zunächst der erforderliche Dienstweg eingehalten werden müsse. Aus diesem Grund sei Frau Dr. Herbst sei gekündigt worden, da sie sich sofort an die Öffentlichkeit gewandt habe. Die vergangenen Sitzungen hätten auch keine neuen Erkenntnisse zu Tage gebracht. Herr Wulf bedankt sich bei Frau Dr. Herbst für das Anstoßen dieser Problematik und appelliert, dass jeder sensibler werden müsse und spricht sich für den Antrag des Kreispräsidenten aus.

 

Die Vorsitzende der SPD-Fraktion, Frau Lessing, erklärt, dass in der Vergangenheit verschiedene Gesichtspunkte vermischt worden seien. Hier gehe es z.B. nicht um VION, Whistleblower oder Verbraucherschutz. Auch könnten keine Urteile aufgehoben werden. Es habe geklärt werden müssen, ob das Verhalten des damaligen Landrates gerechtfertigt gewesen sei oder ob heute eine andere Entscheidung getroffen werden würde. Frau Dr. Herbst würde heute nicht bestreiten, dass sie eine Vollmacht des damaligen Landrates erhalten habe, aber nichts unternommen habe, um diese durchzusetzen. Stattdessen habe sie sich an die Presse gewandt. Aus diesem Grund sei die Kündigung erfolgt und nicht, weil sie sich für die Aufklärung von BSE-Fällen eingesetzt habe. Abschließend beanstandet Frau Lessing, dass durch den Antrag der Fraktion Die Linke falsche Hoffnungen bei Frau Dr. Herbst geweckt worden seien.

 

Herr Köppen als Vorsitzender der Fraktion Neue Liberale/Piraten appelliert hingegen, dass die Vielschichtigkeit der Dinge und das Zwischenmenschliche berücksichtigt werden müsse. Frau Dr. Herbst sei durch ihre Vorgesetzten bei ihrem Auftrag konterkariert und ihr sei nicht geholfen worden. Aus diesem Grund habe sie nur die Presse als Möglichkeit gesehen. Der Kreis habe anderes reagieren können und habe in diesem Fall das extremste Mittel gewählt. Ihre Zivilcourage sei zu berücksichtigen, da sie ihrem Gewissen gefolgt habe. Frau Dr. Herbst sei daher ein Vorbild und eine Whistleblowerin. Er bemängelt, dass bis heute kein Schutz für diese Menschen bestehe.

 

Der Vorsitzende der FDP-Fraktion, Herr Schnabel, erklärt, dass der Fall emotional berühren würde und eine Bewertung aus heutiger Sicht stattfinden müsse. Der Fokus der Linken würde nicht mehr auf dem Arbeitsrechtlichen liegen, da die Urteile nicht angezweifelt werden können. Eine Zustimmung zum Antrag der Linken würde die Aushebelung eines gültigen Urteils bedeuten. Frau Dr. Herbst sei keine Whistleblowerin, da ihr einziger Ausweg aufgrund einer aufgeschlossenen Verwaltungsleitung nicht nur die Medien gewesen seien. Eine Vollmacht sei von Frau Dr. Herbst nicht bestritten worden, diese habe sie aber nicht genutzt und daher ihre Loyalitätspflicht verletzt. Auf die dienstlichen Konsequenzen sei sie zuvor hingewiesen worden. Das Wissen von Frau Dr. Herbst werde nicht in Frage gestellt, aber ihr Weg sei der falsche gewesen, so dass weder für einen Preis noch für eine Rehabilitierung eine rechtliche Grundlage gegeben sei.

 

Herr Hansen begründet als Vorsitzender den Antrag seiner Fraktion Bündnis90/Die Grünen und erklärt, dass eine Bewertung der Urteile dem Kreistag nicht zustehen würde. Des Weiteren übt er Kritik an der Fleischindustrie. Dem Antrag der Linken könne aufgrund des fehlenden Rechtsgrundes nicht zugestimmt werden. Allerdings greife das Arbeitsgerichtsurteil von damals zu kurz und sei unverhältnismäßig. Des Weiteren könne die damalige Versetzung von Frau Dr. Herbst nach der Ausstellung der Vollmacht kein Zufall sein. Aus diesem Grund müsse ihr heute durch einen Preis Anerkennung ausgesprochen werden, da sie sich für ein hohes Gut eingesetzt habe.

Herr Dr. Krauß (B90/Grüne) ergänzt, dass der hohe Einsatz von Frau Dr. Herbst für den Verbraucher zu ihrem Nachteil ausgelegt worden sei. Die existentiellen Einschränkungen seien ihr nicht weiter zuzumuten.

 

Anschließend erklärt Frau Lessing, dass dem Antrag der Linken nicht aus Mitleid zugestimmt werden könne. Stattdessen müsse man sich an Recht und Gesetz halten. Auch der Verleihung eines Preises könne nicht zugestimmt werden, da hier kein couragiertes Eintreten von Frau Dr. Herbst vorliege, was aus der gemeinsamen Sitzung mit ihr hervorgegangen sei.

Herr Säker führt aus, dass es aufgrund der Vollmacht die Aufgabe von Frau Dr. Herbst gewesen sei, zu verhindern, dass verdächtiges Fleisch in den Verzehr gelange. Trotz Krankheitsverdachten habe sie nicht gehandelt und deshalb nicht im Sinne des Verbrauchers gehandelt. Aus diesem Grund könne den Anträgen der Linken und der Grünen nicht zugestimmt werden.

 

Herr Weihe (Die Linke) gibt im Anschluss zu verstehen, dass hier eine moralische und keine rechtliche Bewertung erwartet worden sei. Die Fraktion Die Linke ziehe ihren Antrag zurück und werde sich den Grünen anschließen.

 

Auf den Hinweis von Herrn Schnabel, dass dieser Antrag die Basis für eine monatelange Diskussion gewesen sei und dass der Eindruck entstehe, die Fraktion habe nicht den Mut, sich einer Abstimmung zu stellen, erklärt Herr Kittler, dass der Antrag der Grünen in deren Spektrum gelegen habe. Die Arbeit des Kreistages sei nicht umsonst gewesen.

 

Anschließend stellt der Kreispräsident den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur Abstimmung.

 

Beschlussvorschlag der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen:

Der Kreis erkennt die Verdienste der Tierärztin Dr. Margrit Herbst an, frühzeitig alle Beteiligten über die Gefahren aufzuklären, die von der Tierseuche BSE ausgehen und insbesondere die VerbraucherInnen vor den möglichen Folgen zu warnen und somit zu schützen.

Sie hat durch wissenschaftliche Befassung mit dieser Krankheit zahlreiche Beiträge in Fachpublikationen veröffentlicht und Interviews gegeben, die maßgeblich zu einer öffentlichen Diskussion über echte und vermeintliche Missstände in einer die Bevölkerung so elementar berührenden Frage wie der Fleischhygiene und Volksgesundheit führten.

Allerdings hat dieses große Engagement zum Wohle der VerbraucherInnen für sie persönlich zu gravierenden persönlichen Nachteilen geführt.

 

Der Segeberger Kreistag möchte das couragierte Eintreten für die Belange der VerbraucherInnen würdigen und Fördern.

Deshalb initiiert der Kreis einen Preis für Zivilcourage für außergewöhnliche Leistungen auf dem Gebiet des Verbraucherschutzes, der mit einem substantiellen (noch zu bestimmenden) Betrag dotiert ist.

 

Als Preisträgerin nominiert der Kreis Frau Dr. Herbst.

 

Abstimmungsergebnis:

abgelehnt

Zustimmung: 9Ablehnung: 41Enthaltung: 1

 

 

Anschließend wird der Beschlussvorschlag des Kreispräsidenten zur Abstimmung gestellt.

 

Beschlussvorschlag des Kreispräsidenten:

Der Kreistag erkennt die Bemühungen der Tierärztin Dr. Margrit Herbst an, frühzeitig über die Gefahren aufzuklären, die von der Tierseuche BSE ausgehen. Sie hat nach wissenschaftlicher Befassung mit dieser Krankheit mehrere Beiträge in Fachpublikationen  veröffentlicht und Interviews gegeben, die dazu beigetragen haben, die Seuche in der Öffentlichkeit ernst zu nehmen.

Ihr Verhalten, das im Dezember 1994 zu ihrer fristlosen Entlassung aus dem tierärztlichen Dienst des Kreises Segeberg führte, ist auch nach erneuter Würdigung der vorliegenden Unterlagen und nach Anhörung von Frau Dr. Herbst und nach Stellungnahmen von anderen Zeugen der damaligen Vorgänge nicht anders als bisher zu beurteilen. Insbesondere sieht der Kreistag in dem rechtskräftig gewordenen Urteil des Landesarbeitsgerichts vom November 1995, das die fristlose Kündigung als rechtmäßig ansah, eine noch heute zutreffende Bewertung ihres Verhaltens. Für eine Entschädigung gibt es daher weder Anlass noch eine Rechtsgrundlage.

Abstimmungsergebnis:

mehrheitlich

Zustimmung: 41Ablehnung: 9Enthaltung: 1

 

 

Pause: 20:00 Uhr – 20:25 Uhr

 

Anlagen:  
  Nr. Status Name    
Anlage 1 1 öffentlich Antrag Grüne Dr. Herbst (26 KB)