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Zusammenfassung: Im Rahmen der Reform des Vormundschaftsrechts hat der Kreis ab dem 01.01.2023 die Aufgaben der Amtsvormund*innen von den anderen Aufgaben des Jugendamtes zu trennen.
Sachverhalt:
Nach dem Wortlaut des § 55 Abs. 5 SGB VIII n.F. sind die Aufgaben der Pflegschaft und Vormundschaft im Kreis Segeberg von allen übrigen Aufgaben des Jugendamtes zu trennen. Mit der Vorgabe der Aufgabentrennung im Jugendamt zielt der Gesetzgeber darauf ab, die Unabhängigkeit der Vormundschaft konsequent zu sichern, damit der Amtsvormund/die Amtsvormundin die Vormundschaft/Pflegschaft frei von Amtsinteressen alleine im Interesse des Mündels führen kann. (BT-Drs. 19/24445, 403). Der Gesetzgeber hat sich zu diesem Schritt entschlossen, damit den Amtsvormund*innen ermöglicht wird, sich ausschließlich an den Bedürfnissen der Minderjährigen und nicht an etwaig widerstreitenden anderweitigen Interessen der Behörde zu orientieren. So soll das Spannungsverhältnis zwischen dem Bereich der Amtsvormundschaft als Teil und zugleich als Gegenüber der Behörde im Sinne einer stärkeren Unabhängigkeit der Amtsvormundschaft bekräftigt werden.
Die Leitungsebene im Jugendamt/des Kreises soll das Trennungsgebot in dem Sinne verstehen, dass die Unabhängigkeit des Vormunds/der Vormundin auch in spannungsvollen Situationen sichergestellt werde. Beispielhaft sollen folgende spannungsvolle Konstellationen genannt werden:
Strukturen und Verfahren sind demnach so zu gestalten, dass die Amtsvormundschaft die Sorgeverantwortung und die Interessen des Mündels in sämtlichen denkbaren Zusammenhängen auch gegenüber/innerhalb der Behörde wirksam vertreten kann. Unterschiedliche Auffassungen können dabei nicht ausgeschlossen werden. Jedoch ist die Entwicklung von Verfahren gefordert, die es ermöglichen, Meinungsverschiedenheiten konstruktiv zu bearbeiten.
Aus dem Gebot der personellen Trennung folgt, dass seit dem 01.01.2023 eine Fachkraft der AV keine anderen Aufgaben des SGB VIII als die des Führens von Pflegschaften und Vormundschaften wahrnehmen darf. Dies gilt auch für die ebenfalls in § 2 Abs. 3 Nr. 11 SGB VIII in der neuen Fassung genannten Beistandschaften sowie allgemeine, präventive Beratungsangebote nach § 16 SGB VIII als Aufgabe nach § 2 Abs. 2 Nummer 2 SGB VIII oder Beurkundung als Aufgabe nach § 2 Abs. 3 Nr. 12 SGB VIII. Ebenso ist die Einbeziehung z.B. in den Bereitschaftsdienst des ASD eines Jugendamtes, sowie alle anderen Aufgaben, nach dem Inkrafttreten der Reform nicht mehr zulässig.
Eine gemeinsame Leitung für AV und verschiedene Sachgebiete ist nach der vorstehenden Gesetzesänderung ausgeschlossen. Grundsätzlich darf die Aufgabe der Pflegschaft/Vormundschaft weder mit einer übrigen Aufgabe in einem gemeinsamen Sachgebiet verbunden werden noch darf eine Person, die Aufgaben der Pflegschaft und Vormundschaft übernimmt, zusätzlich eine übrige Aufgabe des Jugendamtes übernehmen; dies auch, wenn es sich um die Leitung handelt. Dies entspricht im Übrigen der bereits praktizierten Handhabung der hiesigen Kreisverwaltung, dass die Leitungsebene gegenüber der AV ausschließlich in der Funktion der Dienstaufsicht agiert.
Die Begründung des Regierungsentwurfes setzt auf die Aussage, dass Fachkräfte die Pflegschaften oder Vormundschaften führen, diese Aufgabe auf Dauer im Regelfall nicht mehr wahrzunehmen haben. Vielmehr soll diese Aufgabe bei Eintritt der vorläufigen Vormundschaften vom Jugendamt wahrgenommen werden. Dabei ist insbesondere auf ehrenamtlich tätige Personen (z.B. Pflegemütter/Pflegeväter) abzustellen. Es ist im Vorfeld zu klären, wen das Jugendamt dem Gericht vorschlägt. Dies wird in Absprache mit den Gerichten Bestandteil der Stellungnahmen des Jugendamtes in familienrechtlichen Verfahren an das jeweils zuständige Gericht. Hier ist insbesondere der SD bzw. PKD in der Verantwortung.
Für die Akquise, Eignungsprüfung, Qualifizierung, Betreuung und Begleitung ehrenamtlich tätiger Vormund*innen sollen zukünftig Stellen eingerichtet werden, die in Abstimmung mit den Sozialen Diensten den Familiengerichten zugeleitet werden.
Es stellt sich somit abschließend die Frage, welche Konsequenzen in der Organisation des Kreises Segeberg gegenüber dem Sachgebiet Amtsvormundschaft/
a) Sachgebietsübergreifende Leitungen, also die Leitung („Leitung“ bezieht sich in Folge auf die allgemeine Dienstaufsicht) von beispielsweise des SD oder des PKD zuzüglich Amtsvormundschaften/Amtspflegschaften sind aufgrund der Gesetzesänderungen seit dem 01.01.2023 definitiv ausgeschlossen. b) Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich vergleichsweise eindeutig, dass eine Trennung der Vorschlagspflicht gemäß § 53 SGB VIII von der eigentlichen Vormundschaftsaufgabe gewollt ist. Die Akquise geeigneter Vormünder*/Pfleger*innen im Sinne des angeführten § 53 SGB VIII (vorläufige Vormundschaft) ist daher Aufgabe des SD.
c) Somit bleibt in der Gesamtbetrachtung, dass lediglich die Dienstaufsicht, was bisher schon gängige Praxis war und ist, beim Kreis Segeberg anzugliedern ist.
Im Fachbereich Jugend und Bildung wurden in Abstimmung mit den Vormund*innen unterschiedliche Optionen einer Umsetzung der Reformvorgaben gedanklich durchgespielt und betrachtet. Im Ergebnis ist seit Ende 2022 der Aufgabenbereich der Amtsvormundschaften/Amtspflegschaften ohne Weisungsgebundenheit (vgl. die Anbindung RPA oder Personalrat an den Landrat) organisatorisch an die Fachbereichsleitung Fachbereich Jugend und Bildung angegliedert.
Quellen und Materialien zu §§ 53, 55 Abs. 5 SGB VIII n.F.:
Anlage/n: Anlage 1: Reform Vormundschaftsrecht Bundesforum Materialienband Anlage 2: Orientierungshilfe zur Umsetzung des neuen Vormundschaftsrechts in den Bereichen Zusammenarbeit des Vormunds mit weiteren Beteiligten und der Organisation im Jugendamt
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